Irgendwie hatte man unterschwellig immer ein dumpfes Gefühl, wenn man in den Persischen Golf, in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einlief. Mehrere Jahre tobten in dieser Region mit unverminderter Härte, die Kampfhandlungen der kriegsführenden Parteien, IRAN und IRAK. Ein großes, vorgelagertes Seegebiet der Kriegsparteien war als Kriegszone deklariert und galt für die internationale Schifffahrt als Sperrgebiet. Mit der Dauer und Intensität der Kampfhandlungen dort, begannen die Kriegsparteien den Gegner, von den Devisen bringenden Einnahmequellen, abzuschneiden. Die Haupteinnahmequelle beider Länder war das Erdöl, hierauf konzentrierten sich die Hauptangriffe- Bohrinseln, Ölraffinerien, Pipelines, Verladestationen und nicht zuletzt die Tankschifffahrt. Bei Letzterem wurden wir häufig Augenzeuge, säumten doch unsere Fahrtroute immer wieder ausgebrannte Schiffswracks bzw. noch brennende Tanker den Weg zum Zielhafen. Unbestätigten Angaben zufolge, soll es in dieser Zeit, zwischen 500- 600 Totalverlusten an Schiffen,vorrangig Tankern, gekommen sein.
Unser Schiff fuhr damals, für die heute sehr bekannte "Norasia-Line", bediente dabei Häfen in Westeuropa, Mittelmeer, Rotes Meer, Persischen Golf, Vorder- und Ostasien. Ein- bis zweimal auf einer Rundreise, die zwischen 80- 100 Tagen dauerte, befanden wir uns für ca. 6 Tage in der Krisenregion des Golfs. Gefahrenzulagen, wie bei manch anderen Reedereien, gab es für uns nicht. Gefährdet waren in erster Linie Tankschiffe, wir befanden uns auf einem Containerschiff, fuhren unter deutscher Flagge, daß bei der damligen politischen Großwetterlage für eine scheinbare Sicherheit ausreichen sollte. Muskat, im Oman, war dann meist der letzte Hafen, von dem aus wir uns zur Passage der Straße von Hormuz und somit in das, auch durch Minen gefährdete Gebiet, dann vorschriftsmässig anmeldeten. Einmal bei einer iranischen Küstenfunkstelle, die das auch durch ein Patrouillenboot der iranischen Marine kontrollierte. Dann aber auch, bei einem der zahlreichen US-Schiffe, die neben anderen NATO- Verbänden im Golf sehr zahlreich präsent waren. Wie an einer Perlenschnur aufgefädelt lagen diese Kriegsschiffe an dem Sperrgebiet und geleiteten die Schiffe bis tief hinein in den Golf nach Kuwait. Meist bedienten wir Häfen, die den kriegsführenden Ländern gegenüber lagen: Katar, Vereinigte Emirate, Bahrain, Saudiarabien. ..und dann passierte es doch!!!
Von Kampfflugzeugen jeglicher Art und Nation wurden wir im Golf immer wieder überflogen oder zu Scheinangriffen mißbraucht. Hubschrauber in der Standschwebe als Drohgebärde kamen vor und riefen, abgesehen von den erhöhten Vorkehrungen zur Schiffssicherheit wegen Treibminen, keine größere Besorgnis hervor. Diesmal war es aber ernst....
Warum passierte das ? Weshalb ausgerechnet wir?
Ein Irrtum, eine Verwechslung schien ausgeschlossen. Zu dicht flog die Maschine vor dem Angriff an unser Schiff heran und konnte es eindeutig identifizieren. Es war nicht unsere erste Reise während der Kampfhandlungen im Krisengebiet. Auch andere Schiffe der "Norasia" bzw. unserer Reederei frequentierten dort häufiger Häfen. Bisher war es immer gut gegangen. Wäre der Raketentreffer nur einen Meter weiter erfolgt,in die Brennstoffleitungen, wäre wohl von Schiff und Besatzung nicht viel übriggeblieben. Glück gehabt.....
Eine Version (Gerücht?) allerdings beschäftigte uns doch:
Ein oder zwei Reisen vor diesem Angriff auf unser Schiff, pickten wir ein Rettungsfloß mit zwei uniformierten Verletzten aus dem Meer- vermutlich Piloten. Auf dem kürzesten Wege brachten wir sie zur dringend erforderlichen medizinischen Behandlung in den Hafen von Kuwait.
Später erzählte mir der dortige Schiffshändler, auf meine Frage nach dem Verbleib der Verletzten, es waren Iraner und wurden nach medizinischer Betreuung als Kriegsgefangene von kuweitischen Behörden an den Irak übergeben. Kuweit stand dem Irak damals näher....
Man mag spekulieren, ganz auszuschliessen ist aber ein Zusammenhang zwischen dieser Aktion und dem Angriff auf die "Norasia Rebecca" nicht.
C.K.
© 2006-2024 by Clemens Külberg - Hamburg