Mit der "Bold Eagle" erlebte ich ein Stück moderne Seefahrtsgeschichte. Die Devise, zwei Segel an den Kränen sparen Öl und Geld, wurde durch ein erfolgreiches Experiment der Reederei Jonny Wesch KG aus Jork in der Praxis erstmals bestätigt. Noch nie wurden vorher in der Australienfahrt die Monsun- Winde für die Containerfahrt genutzt.
Begonnen hatte alles im September des Jahres 1985,als die Reederei Wesch den in der Bundesrepublik bisher einmaligen Versuch unternahm, Maschinen- und Segelantrieb zu verbinden. Bei der "Bremer Vulkanwerft" wurde der Containerfrachter "Bold Eagle" dafür umgerüstet. Das 10 300 BRT verdrängende Schiff, daß eine 7000 PS starke Maschine besaß, wurde mit zwei Großsegeln mit je 480 Quadratmeter Größe ausgestattet.Sinn und Zweck sollte es sein, bei geeigneten Windverhältnissen mit gehißten Segeln, bei gedrosselter Maschine, die vorgegebene Reisegeschwindigkeit beizubehalten. Bei der regelmässigen Route des Schiffes zwischen Europa(Hamburg) und Australien (Melbourne), erhoffte man sich bei der 20 tägigen Reise beachtliche Treibstoffeinsparungen.
Die Segel waren aus besonders widerstandsfähigen Gewebe und wurden eigens zu diesem Zweck in Lübeck bei "Moritz-Sails" gefertigt. Kosten eines Satzes: 25 000 DM.Wie alle anderen Containerschiffe war auch die "Bold Eagle" mit Kränen ausgestattet. An den Lastenhaken dieser Kräne wurden dann die Segelköpfe angeschlagen. Die Back- und Steuerbordschooten liefen dann über Winschen, die eigens dafür an Deck angebracht waren.Bis zu einem Windeinfallswinkel von 45 Grad konnten die Segel gefahren werden, am günstigsten war es natürlich wenn der Wind von achtern einfiel. Dann waren 16 bis 17 kn mit halber Maschinenleistung erreichbar. Ab Windstärke 6 wurden die Segel geborgen.
Natürlich war aber immer eine Grundbedingung dabei zu beachten, Voraussetzung für eine kostendeckende Anwendung dieser Hilfssegel war eine kurs- und windbeständige Reiseroute. Die Europa- Australienroute bot sich dafür an. Sobald man den Indischen Ozean erreichte, wehte ein beständiger, achterlich einfallender Monsunwind. Ideal also für solche Experimente. September 1985 lief die "Bold Eagle" zur Erprobungsfahrt unter Segeln aus und im Dezember 1985 konnte man dann das erste Fazit ziehen.
Auf der Reise hatte das Schiff 400 t Treibstoff verbraucht, 60 t weniger als bei einer vergleichbaren Fahrt ohne Segel. Damals betrug der Preis pro t Treibstoff, wie er auf Frachtschiffen verwendet wurde ca. 450 DM. Also hatte die Reederei schon bei der Erprobungsfahrt ca.27 000 DM eingespart bzw. den Satz Segel (Kosten 25000 DM) locker eingefahren. Die Reederei schätzte damals das Experiment als erfolgreich ein und stattete daraufhin auch das Schwesterschiff, die "Proud Eagle", mit Segel aus. Der Trend war zur damaligen Zeit, daß weltweit viele Reeder sich Gedanken machten, ihre Schiffe mit Segeln aus- bzw. nachzurüsten, um ihre Reiseziele in der vorgebenen Zeit, mit der geringstmöglichen Treibstoffmenge zu erreichen.
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