Von Lagos kommend, schippern wir an der ehemaligen Sklavenküste im Golf von Guinea in Richtung Mündung des Nigers. Unser Ziel ist der im Binnenland Nigerias gelegene Hafen Sapele. Neben Warri und Port Harcourt ein bedeutender Umschlagplatz im Nigerdelta.
Die Mangrovenküste Biafras wird am Horizont sichtbar,die Sonne geht langsam auf und der bis dahin morgendlich erfrischende Fahrtwind verliert bei gestoppter Maschine der "Altmark" seine kühlende Wirkung auf unseren erwartungsvollen Gesichtern.So wie jetzt im Jahre 1973, muss sich wohl schon vor 500 Jahren der Blick den zahlreichen Besatzungen der Sklavenschiffe geboten haben.Noch ist hier ursprüngliche Natur sichtbar.
Es ist noch nicht im Ansatz zu erahnen, dass hier in späteren Jahren die Küste und das Delta von den Fackeln der Bohrinseln nachts in infernalisches Licht getaucht werden und Ölplattformen die Silhouette der Landschaft prägen.Verdreckte Flüsse,geplatzte Ölpipelines,Raubbau am Regenwald.....
Fisch eine bedenkenlose Hauptnahrungsquelle.
Unsere Schiffsdaten waren sicherlich schon aus Lagos von der Agentur nach Escravos, einem kleinem Fischerdorf an der Flußmündung gelegen, getrommelt worden. Hier residierten die "Pilots", die Frachter an den zahlreichen Sandbänken vorbei, sicher nach Sapele begleiten sollten. Meist klappte das auch, mitunter erwischte es aber auch bei den wandernden Sandbänken den einen oder anderen Frachter, der dann hilflos auf "Dreck " saß.
Auf der Brücke suchte man gespannt den Küstenverlauf nach dem Lotsen ab. Das Lotsengeschirr war ausgebracht, Gastlandsflagge gesetzt, von uns aus konnte die Flußfahrt ins Landesinnere Nigerias beginnen. Ja, der Lotse musste per Fernglas herbei gesehen werden. Kommunikation anderer Art gab es nicht, weder UKW noch Morselampe. Letzteres wäre wohl bei Analphabeten sowieso zwecklos.
Irgendwann aber tut sich etwas. Aus dem grünen Dickicht sind einzelne dunkle Punkte auszumachen- mehrere Kanus. Aufgereiht wie zu einer Regatta liefern sie sich einen hartnäckigen Positionskampf. 10-12 Boote, bemannt mit 5-8 Leuten durchpflügen mit ihren Paddeln die See um später wie an der Perlenschnur aufgereiht ankommend sich einen erbittertes Gerangel an der Lotsenleiter zu liefern. Mit allerhand Tricks und auch unlauteren Mitteln versuchen die einzelnen Bootsführer, die ihre Crews lautstark anfeuerten, mit heiserer Stimme auf ihre Referenzen aufmerksam zu machen. Gut das der Bootsmann an der unteren Sprosse des Fallreeps zusätzlich zu den Handläufern noch eine Sorgleine installierte. Die Hoffnung der Bootscrews war es, wer zuerst unter dem Fallreep ankam bekommt den Job als "Pilot". Die Wahl war allerdings schon bordseitig anders entschieden. Aus einem Kanu wird eine lange Stange sichtbar an der eine Lotsen- sowie die DSR-Flagge flatterte. Beim Näherkommen des Kanus erkannte man einen Einheimischen, der in Khakiunform mit in der Sonne blinkenden Goldknöpfen und dazugehöriger Schirmmütze der DSR sich lebhaft bemerkbar machte.
Entnervt gaben die Mitbewerber auf und befestigten an ihren Stangen die niederländische Flagge. Diese galt einem in unserer Kielinie aufgekommenen holländischen Frachter und die verbissen geführte Regatta, an deren Ende dem Sieger ein kurzfristiger Lotsenjob winkte, nahm wieder wilde Fahrt auf.
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