Mombasa-zwischen 1970 und 1980.
Landgang. Die letzten Wolken des blauen Abendhimmels verfärben sich in ein samtartiges Purpur. Eine angenehme Brise, nach einem schweißtreibenden Arbeitstag weht gleichmässig von See und bringt vermeintliche Kühlung auf der Haut. Die Nacht bricht herein. Schnell und plötzlich, wie in den Tropen üblich.
So früh wie sich die Nacht ankündigt, genauso schnell breitet sich auf der Kilindini- Road die Lebensfreude aus und die zahlreichen Nachtclubs öffnen ihre Pforten. Musikfetzen aus den Musikboxen und die Livemusik der zahlreichen Combos in den Nachtbars sind jetzt der akustische background dieser Strasse. Das ist jetzt die Zeit für die ersten Lockrufe für die Vögel der Nacht. Man nennt sie "Greater Sucking Bird", auf gut deutsch sind es Strichmädchen.
"You buy me a beer, darling?".
Mombasa, auch kurz Mombse von uns genannt, ein Treffpunkt für Ostafrikafahrer aller Nationen.
Mit dem zeitlichen Voranschreitens des Abends wird die Geräuschkulisse immer stärker und das Hämmern der Bässe der Musikboxen immer intensiver. Jetzt ist auch die Zeit der Bands angebrochen. Schwitzende Leiber verfallen in Trance und trommeln im ekstatischen Zustand die wahnsinnigsten Rythmen. Unter vollster Ausnutzung ihrer ohrenbetäubenden Verstärker bekommt man langsam Watte in den Ohren. Zwischen den verschiedenen Bars und Combos scheint ein Wettkampf um den höchsten Tonpegel ausgebrochen zu sein. Die Technik wird volle Pulle gequält und die Musiker stehen diesem Krach um nichts nach.
Ein, zwei Stunden später wird der Ruf der Nachtvögel eindringlicher und fordernder. Der Endspurt um Beute hat begonnen. "Ich liebe Dich, willst Du mit mir nach Hause kommen?"
Oder Ultimativ: "Kurze Runde, nur für Dich allein, Liebling. 40 Shilling." Wenn diese Nachtvögel mehrfach abgewiesen werden, kommt dann eine Phase, in der sie grimmig werden. Fluchend und zeternd, werden diese wütenden Nachtvögel dann oft von der Polizei , die dann als Vogelfänger fungiert, kurzerhand von der Strasse weggefangen.
In den Bars sitzen zu dieser Zeit Touristen, Seeleute, afrikanische Geschäftsleute mit Freunden oder auch einige Singhs. Natürlich halten sich die Letzteren streng an ihren Glauben und halten das vorgegebene Rauchverbot ein.Allerdings haben sie dadurch gänzlich vergessen,dass ihnen ihre Religion auch das Hochprozentige in Form von Whisky untersagt hat.
In den Bars haben sich nun die letzten Nachtvögel (Stripgirls) entblättert und der Barkeeper unternimmt noch einen letzten Versuch sein Salär aufzubessern: "Hi Mister, you like fuck my sister?"
Langsam dämmert der Morgen. Die letzten Flaschen rollen auf der Strasse und der letzte Nachtvogel ist in Richtung Nest unterwegs. Müde und erschöpft geht es zurück an Bord. Ruhe zieht ein über der Kilindini-Road.
Aber nur bis zum nächsten Abend. Dann beginnt er wieder, der Flug der Nachtvögel.
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