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Ich bin wieder mal im Libanon/Beirut, in einer Metropole, die Orient und Okzident vermischt. Noch lässt sich nicht erahnen, dass diese so friedlich wirkende Stadt in den folgenden Jahren von grausamen Kriegen überzogen wird. Als Fremder weiss man zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass die Lunte dazu schon schwelt und die Schweiz des Orients binnen weniger Jahre ihren Charme auf brutale Weise verlieren wird. Als junger Seemann, beeindruckt durch das pulsierende Leben in diesem Land, hat man daran kaum einen Gedanken verschwendet.
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Alte Kolonialbauten an denen der Zahn der Zeit kräftig genagt hat bestimmen das Stadtbild. Putz bröckelt, rostige Balkone, klapprige Fensterläden und freihängende Strom- und Telefonleitungen sind auffällig. Die Strassen und Gehwege sind mit Schlaglöchern übersät. Abends Stolperfallen. Wenn diese Strassen und Gebäude erzählen könnten...Viele kleine Läden haben ihre Waren auf dem Gehweg stehen und die Besitzer preisen diese lauthals an. Obst und Gemüse ist dabei besonders gepflegt und kunstvoll aufgebaut.
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Kleine Pizzaläden, die auch frisch gepresste Säfte vertreiben, verbreiten in der prallen Sonne ihren typischen Geruch, der sich mit Autoabgasen und dem Zementstaub der Baufirmen vermischt. Vor und in anderen kleinen Läden sitzen stoisch Männer die Tee trinken oder eine Wasserpfeife rauchen.Das Hupkonzert der Autofahrer, die überlaut dudelnde Musik aus den Wohnungen und kleinen Cafes sind gewöhnungsbedürftig.
Strassenhändler singen mit monotonen Sing-Sang ihre Ware aus. Getoppt wird das nur in Abständen durch den Gesang der Muezzins von den Minaretten.
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Der Schiffshändler hat mich eingeladen. Sitze, ca.18 km von Beirut entfernt, in der Bucht von Jounieh in einem kleinen Fischlokal. Später habe ich diesen Ort als einen der romantischten am Mittelmeer favorisiert. Das türkisblaue Meer vor Augen, den Duft von Orangenblüten noch in der Nase, der auf der Fahrt hierher durch die endlosen Orangenhaine haften blieb.
Mein Gastgeber erfreut sich darüber, mich immer wieder mit landestypischen Köstlichkeiten zu überraschen. Ungewohnt und zu diesem Zeitpunkt für mich noch gewöhnungsbedürftig ,wenn eine nicht endende Speisenfolge ihren Verlauf nimmt. Vorsuppe, Hauptgang, Nachtisch wie gewohnt war hier ausser Kraft gesetzt. Gegrillte Meerbarbe, Crevetten, dazu Olivenöl auf dem Thymianblüten schwimmen, in das man das köstliche,warme libanesische Fladenbrot tunkt. Diverse Pasten, Salate, Käse, Obst und unbekannte Gewürze ..... Der Tisch biegt sich. Reife Weintrauben, Feigen, ein Tee? Nein, ein Ksarawein dazu. Ein Arrak danach. Dann werden Süßspeisen und Gebäck sowie Kaffee angepriesen. Eine wunderbare Küche. Später werde ich im Libanon immer essen gehen.
Hier in Jounieh habe ich einen fantastischen Ausblick auf das Meer. Milde Meeresbrise und im Rücken historische Gemäuer die mich brennend interessieren. Schaukelnde Fischerboote, flatternde Tauben, Hähne krähen. Die ersten Zikaden mahnen zur Rückfahrt nach Beirut. Aus dem Autoradio begleitet uns orientalische Musik. Am Horizont tauchen die ersten Gebäude Beiruts auf.
Zum Schiff? Nein Habibi (Freund), lass mich am Kanonsplatz raus, dem Platz des Märtyrers. Danke für den schönen Tag!
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Der Abend ist angebrochen. Hier vom Kanonsplatz aus werde ich nochmal über den faszinierenden Goldbasar pilgern. Optisch sind die reflektierenden Auslagen der Goldhändler eine Augenweide. Das Gold des Orients und 1000 und eine Nacht aus Kindertagen fallen mir dazu ein. In einen Kaufrausch kann man trotzdem nicht verfallen, da setzt das persönliche Finanzbudget rigorose Grenzen.
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Noch ein kleiner Schwenker später durch das Amüsierviertel an der Avenue des Francais. Blinkende Neonreklamen versuchen dort durch unterschiedliche Leuchtrythmen ihre Botschaften in die Köpfe der Passanten zu hämmern. Nobelhotels, wie das "Saint Georges" und "Normandie" geben sich die Ehre zwischen diversen Kabaretts, Spielhöllen und Nightclubs. Die Schaukästen werben mit Pin-up-Girls und mit aktuellsten westlichen Hits werden die Tanzflächen beschallt. Dicke Autos kurven suchend umher und werden von goldbetressten Portiers zum Halten animiert. Geldschwere Scheichs und andere dubiose Glücksritter aus aller Welt geniessen ihren Reichtum. Manches erinnert an St.Pauli oder ähnlichen Amüsiermeilen in den Hafenstädten der Welt.
Sogar die mehrsprachige Anmache von den Portiers ist ähnlich in den Vergnügungslokalen, die sich wie überall auf der Welt "Kit Cat", "Lido", "Miami", "Tabou" oder "Moulin Rouge" nennen.
Etwas später finde ich mich dann in einer kleinen Seemannspinte wieder. Ein paar Griechen, Engländer und Skandinavier nehmen hier ihren Absacker.Für geringes Geld gut gekühltes Bier und Pistazien sowie gesalzene Erdnüsse satt dazu. Mit einem Schweden vereinbare ich noch ein Fussballspiel zwischen unseren Schiffen.
Da ich erst kurz nach Mitternacht an Bord sein möchte pilgere ich nochmal zum Kanonenplatz und setze mich fusslahm in ein Strassencafe. Hier lasse ich die Tageseindrücke nochmal Revue passieren. Kenne zwar die Schweiz noch nicht, aber jetzt bei dem gleissenden Neonlicht denke ich eher an ein puritanisches Land. Lässt sich der Begriff Schweiz des Orients für Beirut aufrechterhalten? Oder jetzt nach dem Besuch der Amüsiermeile eher Bordell des Orients?
Für mich jedenfalls war der Libanon bzw. Beirut zu dieser Zeit immer ein gastfreundliches Land und ein sehr beliebter Hafen!
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Die Zeit verrinnt. In einer halben Stunde haben die 08-12 Wachen Deck/Maschine Dienstschluss. Sehnsüchtig werden sie mich nachher kurz nach Mitternacht gemeinsam mit dem Bootsmann und Storekeeper an der Reling erwarten. Vorher muss ich aber noch mein Versprechen einlösen und hier am Kanonsplatz noch das Hotel "Rivoli" aufsuchen. Dort muss ich ein paar halbe Hähnchen gewürzt mit Honig, Ingwer und Minze erwerben. Zusammen mit Hummus, der gut mit Knobi gewürzt ist, zur Zeit der Renner bei uns an Bord.Noch etwas Fladenbrot dazu und dann ab zum Schiff.
Richtig, ich werde freudig erwartet .Die Back auf dem Badedeck ist schon vorbereitet. Tausche meine durchgeschwitzte Kleidung und nehme dankend einen gekühlten Begrüssungsdrink entgegen. Dann sprechen wir das Fussballspiel durch. Eine Liste geht dabei rum für die morgige Hähnchenbestellung- wer ist dran.....?
C.K.
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