Westafrika bedeutete für uns in jenen Jahren lange Hafenliegezeiten. Häufig wurde mit bordeigenem Geschirr gelöscht und die Luken von der Mannschaft für die nächste Ladung vorbereitet. Abwechslung an Land war in den meisten Häfen, bis auf wenige Ausnahmen, sehr eingeschränkt. Eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung waren daher unsere Ausflüge mit dem Rettungsboot. Man packte ein paar Getränke ein und tauschte vorher die Wachen bzw. den Tagestörn, so das jedes Besatzungsmitglied mal in den Genuss solcher einer Fahrt kam. Beliebt waren Flußfahrten bzw. Angeltouren. Ganz hoch im Kurs dabei stand das fischreiche Mündungsgebiet des Gambia-Flusses bei Banjul, dem früheren Bathurst. Hier gab es immer was zu fangen und ein Barracuda war dabei das erhoffte Anglerglück.
Der Gambia-River durchzieht mit einer Länge von knapp 500 km den Urwald Afrikas und hat in seinem Mündungsdelta eine Breite von ca. 22 km. Dieser Fluß ist eine wichtige Verkehrsader für den gleichnamigen Staat Gambia.
Mangrovensümpfe wechselten sich mit palmbesäumten Ufern ab. Dazwischen vereinzelt Reisfelder und dichte Schilfgürtel. Reisanbau, der durch den in der Regenzeit periodisch über die Ufer tretenden Fluss begünstigt wurde. Fruchtbarer Boden. Am Rande dieser Felder ärmliche Schilf- und Bambushütten, die man oft erst durch den Rauch einer Feuerstelle im dichten Grün entdeckte. Ein Paradies für die verschiedensten Tiere dieses Erdteils, die unser Boot lautstark akustisch begleiteten. Affen, Krokodile, Flusspferde und die lautstarke bunte Vogelwelt. Ab und zu zogen langsam Delphine flussaufwärts vorbei und scheuchten ein paar Pelikane auf, die laut mit ihren Flügeln auf das Wasser klatschten und ihrem natürlichen Fluchtreflex laut schreiend nachkamen.
Manchmal kamen ein paar Fischer lautlos auf Einbäumen vorbei und entwickelten mit ihren geflochtenen Bambuspaddeln und der Strömung eine enorme Geschwindigkeit. Mitunter kreuzte eine überfüllte und überladene Fähre den Fluss.
Wir liessen uns im Fluss treiben und genossen die verschiedensten fremdartigen Eindrücke. Die riesige Wasserschlange, die den Fluss überqueren wollte, das Knacken im Gebüsch, das Schreien der Affen und die vielen fremdartigen Vogelstimmen. Mitunter prustete auch ein Flusspferd laut und deutlich in unserer Nähe.
Man dachte aber auch an die blutige Geschichte dieses Flusses. Viele Millionen Afrikaner wurden auf diesem Weg in die Sklaverei nach Übersee verschleppt. So manche Festung am Rande des Flusses ist stummer Zeuge dieser Zeit.
Fortsetzung auf Banjul II.
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