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YOM-KIPPUR-KRIEG

Der syrische Hafen Latakia 1972

Latakia-Syrien,06.10.1973

Ich  befand  mich damals  an  Bord  eines  Handelsschiffes  der  DSR, MS" Altmark" -Heimathafen  Rostock. Es  ist  später  Nachmittag  und  wir nähern  uns  der  syrischen  Hafenstadt  Latakia. Wir  kamen  von  einem  anderen  syrischen  Hafen- Tartous, wo  ein  Teil  unserer  Ladung  bereits  gelöscht  wurde. Langsam  erreichen  wir  den  für  uns  vorgesehenen  Liegeplatz  auf  Reede. Die  Hafenstadt  Latakia, die  wir  regelmässig anlaufen, wächst  am  Horizont  immer deutlicher  aus  dem  Meer. Das  langsamer  werdende, monotone  Stampfen  der  Hauptmaschine  signalisiert  dem  Fahrensmann das  Ende der Seereise  bzw. Überfahrt.

Maschine  Stop, mit  Rasseln  und  Poltern  im  Vorschiff,  durch  das  Fallenlassen  des  Ankers,  wird  der  Besatzung  das  Erreichen  des  vorläufigen  Liegeplatzes  signalisiert. Wir  liegen  super  im  erwünschten  Zeitplan. Behördenformalitäten  waren  schon  im  vorhergehenden  Hafen  absolviert. Keine  langwierige  Einklarierung  und keine  Zollformalitäten mehr. Die  Fotoapparate  der  Besatzung  waren  schon  versiegelt  unter Verschluß, lediglich  unsere  "Funkbude" wurde  erneut  dichtgesetzt, wie  damals  in  der Region  üblich.

Die  Stimmung  an  Bord  war  prächtig  bis  ausgelassen. Nach  Monaten  mal  eine  Abwechslung  am  Abend. Am  Vorabend  zum  Staatsfeiertag  hatten  wir  unser  Schiff  über  die  Toppen  geflaggt  und  mit  Lichterketten  geschmückt. Auf  dem  Achterschiff  liefen  die  Vorbereitungen  zum  Grillabend, aus  der  Kombüse  kamen  schon  verlockende  Düfte  und  die  ersten  Musikfetzen  waren  deutlich  vernehmbar. Drei  Festivitäten  standen  für  die  nächsten  Tage  an  und  Reedezeit  macht  die s möglich:  Der  7.Oktober, paar  Tage  später  persönlicher  Geburtstag und  dann  noch  am  13.10.  Tag  der Seeverkehrswirtschaft......

Reede Latakia

Es sollte anders kommen....

Bis  auf  unsere  Wachhabenden  sitzen  wir  gemütlich  Achtern  zusammen, sahen  wie  die  Sonne  schnell, wie  in  dieser  Region  üblich,  am  Horizont  versank  und  es  sehr  schnell  Nacht  wurde. Ehrungen  und  Auszeichnungen seitens  der  Reederei   empfangen, den  Bauch  gefüllt  und  jetzt  teils  an  der  Back  sitzend  oder  an  der  Reling  lümmelnd, machen  wir  dem  Namen  "Palaverdeck"  alle  Ehre. Mit  dem  Blick  zum  hellerleuchteten  Hafen  Latakias bewundern  wir  die  Reflexionen  unserer  bunten  Festbeleuchtung  auf  der  spiegelglatten  See  der  Reede. Heute  sind die  anderen Dampfer  nur  graue  Mäuse  gegen  uns. Die  Gedanken  sind zu  Hause.

Es  muss  wohl  so  gegen  23.00  Uhr  gewesen  sein, die  eben  noch  hellerleuchtete  Stadt  mit  ihren  pulsierenden  Hafenanlagen  und  Schleppern  wird  mit  einem  Schlag, als  wenn  jemand  einen  Schalter  umgelegt hat, total  dunkel. Stromausfall, der  erste  Gedanke. Nur  ein  paar  funzelnde  Ankerlichter und  Positionslampen  auf  Reede  verraten  die  Existenz weiterer Frachter.Wir  sind  die  Ausnahme, strahlend beleuchtet  wie  ein  Christbaum. An  Land  steigen plötzlich   Leuchtkugeln  auf, Geknatter   von  automatischen  Waffen  ist  zu  vernehmen. Leuchtspurgeschosse  durchsieben den Nachthimmel. Lästernd  bemerke ich,toll  diese  Aufmerksamkeit, an  unserem Nationalfeiertag  ein  Feuerwerk  zu  veranstalten, daß  nenne  ich Gastfreundschaft.

Auf  Reede  sind  nicht  näher  definierbare  Geräusche  und  Aktivitäten  aus  der  Dunkelheit  zu  vernehmen. Ein  lautes,  bedrohliches  Röhren  ist  immer  näherkommend  deutlich  aus  der  Dunkelheit  zu  hören. Dann  kracht  es  und blitzt  es  auch  schon. Ein  grauer  Schatten  taucht  auf  und  schießt  aus  nächster  Nähe  mit  automatischen  Waffen  auf  uns. Leuchtspurgarben  zischen  durch  die  Masten, gehen  aber  mehrheitlich  über  uns  hinweg. Wir  deuten  es  richtig  und  löschen  unverzüglich die  Lichter  unserer  Festbeleuchtung  und  minimieren  nur noch  auf notwendige  Lichtquellen.

Hubschraubergeräusche  sind  zu  vernehmen. Das  Röhren  auf  Reede  ist  zu einem  beängstigenden, überlauten  Dauerton  geworden. Dann  bricht  die  Hölle los......Ein  akustisch  vernehmbares  Gekurve  von  Schnellbooten  in  unmittelbarer  Nähe  unseres  Schiffes  vermittelt  die  Anwesenheit  mehrerer  Schiffseinheiten. Von  einer  Landzunge  werden  in  kurzen  Intervallen  schwere  Raketen  abgefeuert. Die  Leuchtpunkte  zielen in  das  offene  Seegebiet. Dann   die   erste   schwere   Explosion.  Ein   Schiff  in  unmittelbarer   Nähe  fliegt  mit  einer  grossen  Feuersäule  in  die  Luft. Gespenstisch  wird  die  Szenerie  beleuchtet, Rauchschwaden  und  öliger   Brandgeruch  wabern über  die  Reede. Mittlerweile  haben  wir  an  Bord  auch  schon  Alarm  ausgelöst  und  alle  möglichen  und  üblichen  Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

Reede Latakia

Überlaute  Detonationen  explodierender  Raketen  und  dumpfe  Abschüsse wechseln  sich  vernehmbar  ab. Düsenjäger  sind  in  der  Luft. Ein  weiteres  Schiff  explodiert. In  der  Feuersäule  sind  die  Wrackteile  in  grosser  Höhe deutlich erkennbar. Alles blutrot ,der  Himmel  und  die  See  reflektieren  sich. Das Zeitgefühl  ist  ausgeschaltet, irgendwie  hat  man  das  Gefühl  des Unwirklichen, wie ein Zuschauer  im  Kino.Zu  viele, nicht vorstellbare  Ereignisse.

Irgendwo  hat  es  wieder  ein  Schiff  getroffen, man  kennt  jetzt das Detonationsgeräusch  und   die  darauffolgende  Feuersbrunst. Vom  Horizont  seewärts  nähern  sich  paarweise  Leuchtpunkte  und schlagen in ihre Ziele ein.Noch  eine  ohrenbetäubende  Detonation.

So urplötzlich  wie  das  Inferno  begann, hörte  es auch  auf. Eine  beängstigende  Stille, die  man  unter  einem  glutroten, mit  schwarzem  Rauch  durchzogenen Baldachin  wahrnahm. Der  Blick auf  das  Bordradar verriet, es  waren  ein  paar Schiffe weniger  auf  Reede.....

Erst  später  erfuhren  wir,daß  wir  unfreiwillig  Augenzeuge  der  "Battle  of  Latakia"  wurden, in  deren  Verlauf  fünf  syrische  Schnellboote(OSA)  durch israelische  Raketen  vom  Typ "Gabriel"  versenkt  wurden. Es handelte  sich  um die  erste  Seeschlacht  der  Geschichte, bei  der  mit  Seezielflugkörpern ausgerüstete  Schnellboote aufeinander  trafen. Außerdem wurden zum ersten  mal  Methoden  der  elektronischen  Kampfführung  während eines  Seegefechts real  in  der  Praxis angewandt.

Nach dem Seegefecht
Latakia Reede

                                                                                       Fortsetzung:Kriegsreise II


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