Schon in frühester Kindheit zog es mich irgendwie magisch in die weite Ferne und Wasser spielte dabei immer die prägende Rolle. Aufgewachsen am Rande Berlins, im Hause eines Havelfischers, war man mit Wasser früh vertraut. Über eine weitestgehend unbelebte Strasse hinweg in ländlicher Umgebung, zog sich die Havel hier sehr breit entlang. Hier spielten wir Kinder täglich am Ufer des Flusses zwischen Netze flickenden Fischern, bestaunten volle Reusen und lauschten fasziniert dem Tuten der vorbeifahrenden Schleppkähne.
Früh erlernten wir das Schwimmen, durften dann ab und an mal mit einem kleinen Fischerboot mit oder wurden manchmal sogar von der Schule damit abgeholt. Die Havel machte hier einen scharfen Knick, den wir nie umfuhren. Hier begann für uns das Unbekannte, erweckte unsere Phantasien und die Frage "Geht es von dort aus in die weite Welt?". Nicht alle Eltern hatten damals bereits Fernsehgeräte und wir saßen meistens mit 5-8 befreundeten Kindern vor der Flimmerkiste. Überwiegend sahen wir Filme über Entdecker, Piraten und mutigen Tauchern. Denen wollten wir nacheifern und spielten in Schilfinseln James Cook, Cousteau u.ä. immer erfolgreich nach. Auch das Unglück der "Pamir" konnte uns vom Lebenstraum nicht abbringen. Als wir später das Lesen erlernten, machte die einschlägige Literatur bei uns selbsternannten Seeleuten die Runde. So manches Mal saß man mit der Taschenlampe unter der Bettdecke und las bis in die Nacht hinein bzw. die Batterie den Geist aufgab. Jede fremde Briefmarke in unserer Sammlung wurde sofort im Atlas oder auf dem Globus lokalisiert. Da wollte ich auch mal hin....Ich will Seemann werden!
Mit ca.10 Jahren kam ich der Verwirklichung meiner beruflichen Träume immer näher.Das neue Domizil meiner Eltern wurde die Hafenstadt Rostock. Hier erlebte ich gleich zum Anfang einen Schulausflug auf das erste Handelsschiff der DSR -die "Vorwärts". Das war bereits außer Dienst gestellt und an der Oberwarnow vertäut.Dieses Schiff diente nun als Jugendschiff zur Ausbildung maritimen Nachwuchses.Seit diesem Ausflug war es um mich geschehen.Sobald die Schule vorbei war zog es mich dorthin.
Die nachfolgenden Besuche realisierte man, indem man sich Freikarten im Pionierhaus besorgte und dann, im zum Kinosaal umfunktionierten Laderaum der "Vorwärts" sich mit 4-5 Gleichgesinnten,mitunter mutterseelenallein Filme anschaute. Man war erstmal an Bord und konnte alles erkunden. Später meldete man sich zum 14-tägigen Lehrgang an und erwarb das erste seemännische Rüstzeug. Kutter pullen, Knoten und viele andere Möglichkeiten im Zusammenhang mit Seefahrt wurden hier beitragsfrei geboten. Wir konnten nicht genug bekommen. Das Umfeld stimmte auch, konnte man doch nach der Ausbildung gleich zum gegenüberliegenden Bootsverleih und den Fluß weiter "hochrucksen". Im Sommer konnte man die Badeanstalt unsicher machen oder zu anderen Jahreszeiten an der Schleuse dort, die "Vorwärts" immer vor Augen, dem Angelsport nachgehen. Diese Zeit hat mir auf dem Weg zum Beruf Seemann sehr geholfen.
Richtige "dicke Pötte" kannte ich bisher nur aus den Erzählungen meines Großvaters, der im I.WK auf einem Schlachtkreuzer seinen Militärdienst verrichtete.In der Hansestadt Rostock änderte sich das. Hier war die Möglichkeit gegeben, richtige Schiffe näher kennenzulernen. Viele Familien hatten hier Bezug zu Schiffbau, Fischfang und Handelsschifffahrt. Gebannt lauschte ich immer den Erzählungen der Seeleute und war dann auch ab und zu Gast an Bord von Fischereischiffen, Frachtern und auch mal dem Passagierschiff der DSR "Völkerfreundschaft" .
Für mich wurde dadurch früh klar, nur die Frachtschifffahrt wird meinen Wunsch ermöglichen, fremde Länder und Völker kennenzulernen.
Vom damals knapp bemessenen Taschengeld wurden immer mal 50 Pfg. abgezweigt um nach Warnemünde zu fahren. Das war für mich immer der absolute Höhepunkt. Unvergessen die Ankunft am Bahnsteig dort, salzhaltige Luft und Möwengekreisch, es roch-für mich angenehm- nach Teer, Labsal und Räucherfisch. Auf dem Weg am Alten Strom schnackte man mit den Fischern und später , an der Mole sitzend, schaute man sehnsuchtsvoll den auslaufenden Schiffen hinterher. Abends nahm man sich dann die aktuellen Schiffspositionen aus der Tagespresse vor und war in Gedanken schon mit an Bord. Joo, so wars...
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