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Erinnerungen

Schirokko - MS"Altmark" auf der Überfahrt von La Valetta/Malta nach Iraklion/Kreta
Seemannschaft
Die "Teluna" Quelle:Schiff 35+

1974, Hafen Algier.Der Tag danach.Der starke Sturm, aus dem Atlasgebirge kommend, hatte in der Nacht auch im Hafen gewütet und schwere Schäden angerichtet. Umgestürzte Kräne, kollidierte Schiffe und nur wenige Schlepper, die versuchten etwas Ordnung in die hilflos im Hafenbecken treibenden Schiffe zu bringen. Es wehte immer noch ein kräftiger Wind.Wir, die MS"Altmark", sind ziemlich glimpflich davon gekommen. Wir lagen mit ausreichend Leinen/Springs vertäut an der Pier.Hektik im Hafen.Einige Schiffe liefen eiligst aus, andere versuchte man wieder an die Pier zu bekommen. Es war so um die Mittagszeit, als achtern von uns ein Schiff festmachte.Ein Schiff der Temaris-Line, eine Linie die wir häufig in der Levante optisch registrierten. Es handelte sich um die "Teluna", Heimathafen Hamburg.

Im scherzhaften Umgangston zwischen den Seeleuten (deutsch), damals ein "Westgermane",so wie wir im Gegenzug als "Ostgermane" betitelt wurden. Die "Teluna" war gerade fest, als der Kapitän dieses Schiffes und sein indonesischer Bootsmann bei uns an der Gangway standen. Der Teluna-Kapitän bat darum, mit unserem Kapitän in Kontakt zu kommen. Er trug dann folgendes Anliegen vor: Er hat sein Schiff gerade mit einer Vor-und einer Achterleine notdürftig an der Pier festgebändselt. Alle anderen Festmacherleinen sind in der Nacht gebrochen. Die algerischen Schiffsausrüster können auf Grund der aktuellen Situation frühestens in 3 Wochen Festmacherleinen liefern. Das grösste Problem hat sich allerdings für ihn ergeben, dass keiner von seiner Decksgang die gebrochenen Leinen spleißen kann. Was nun?

Nach fünf Minuten formlosen Schiffsrat, setzten sich dann unser Bootsmann, zwei Vollmatrosen und meine Wenigkeit in Richtung "Teluna" in Gang. Hier spleißte dann unsere Decksgang, unter den erstaunten Blicken der dortigen Matrosen, zwei gebrochene Leinen. Harte Arbeit an einem heissen Nachmittag. Der Kapitän der "Teluna" lud nach dem Einsatz in die Messe ein und bedankte sich vor seiner Mannschaft für diese Hilfe.Wörtlich sagte er, jeder Kapitän kann stolz sein, solche Seeleute in seiner Besatzung zu haben.Dazu gab es wohlverdientes kaltes Bier und kalte Platte vom Feinsten.

Am Abend bedankte sich der Kapitän der "Teluna" bei uns an Bord bei unserer Schiffsleitung für die seemännische Hilfe. Die Arbeitsstunden wurden in Dollar bezahlt und kamen in unsere Schiffskasse.Als es etwas dunkler wurde im Hafen, brachte man noch ein paar Kisten Bier als Dankeschön zu uns an Bord. Die "Spleißgang" verfügte über guten Whisky in den nachfolgenden Tagen. Wir hatten auch ein Geschenk :

Spleißen
1964-Auslaufend englischer Kanal-Festmacherleine spleißen

Zum Handwerk eines gut ausgebildeten Seemanns gehört der fachgerechte Umgang mit Tauwerk und Knoten.Unter "Spleißen" versteht man dabei das Verflechten zweier Enden.Der Spleiß ist eine dauerhafte, bruchfeste, nicht lösbare Verbindung von Tauwerk durch das ineinander Flechten der einzelnen Kardeele bei gedrehtem Tauwerk. Nur praktische Erfahrung und eine gute seemännische Ausbildung befähigt Seeleute die über tausendjährige Tradition in der Seefahrt beim Umgang mit Knoten,Steke,Spleiße fachgerecht zu beherrschen. Diese Fähigkeiten sind auch heute noch unerläßlich für die Schiffssicherheit.

Spleißen- eine schweißtreibende Angelegenheit

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